13. September 2016

Vielfalt friedlich leben

Festakademie in Leipzig thematisiert die Bedeutung von Religion und Toleranz

Im Rahmen einer Festakademie ist Thomas Arnold am 12. September in Leipzig von Bischof Heinrich Timmerevers offiziell ins Amt des Direktors der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen eingeführt worden

Bischof Heinrich formulierte es als eine Hauptaufgabe des neuen Akademiedirektors, „die Anliegen, Sorgen und Nöte der Welt“ in die Katholische Kirche hineinzutragen, und umgekehrt die Botschaft Jesu, „die Weg und Wahrheit für alle Menschen ist“, in die Welt hinauszutragen.

Rund 170 Gäste aus Politik und Kultur, Kirche und Wissenschaft nahmen im Vortragssaal der renommierten Bibliotheca Albertina an dem Abend teil, der den Titel „Die Freiheit wagen“ trug.
Im Mittelpunkt stand dabei ein Vortrag des ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, der die Bedeutung von Religion und Toleranz zum Funktionieren unserer Gesellschaft betonte. Der Ex-Bundestagspräsident erinnerte daran, dass das Gebiet der früheren DDR neben Tschechien und der Slowakei als „religionsloseste Gegend auf dem Globus“ gälte – „der einzige durchschlagende Erfolg des SED-Regimes.“ Dennoch sei die Region neben einer starken Säkularisierung ebenso von religiöser und weltanschaulicher Pluralität geprägt. 26 Jahre nach der Friedlichen Revolution und den enormen Umbrüchen dieser Zeit stünden heute – bedingt durch die enormen Flüchtlingszuwanderungen - neue Veränderungen in der Welt an.

"Integration" als Hauptaufgabe unserer Zeit

Thierse bezeichnete das Thema „Integration“ als „die große Herausforderung der nächsten Jahre“ – und dies sowohl mit Blick auf die Einheimischen als auch mit Blick auf die Zugewanderten. Die Entstehung von Phänomenen wie PEGIDA und AfD nannte Thierse in diesem Zusammenhang als „Symptome der Angst“ einer Bevölkerung, die sich vor „Entheimatung“ und "sozialem Abstieg" fürchte. „Unser Land wird religiös und kulturell vielfältiger werden“, so Thierse. Die „demokratische Herausforderung“ liege in der Frage: „Wie gehen wir damit um?“
Der SPD-Politiker betonte, dass die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit für religiöse Menschen auch das Angebot beinhalte, an der Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Dabei müsse jede Religion den gemeinsamen demokratischen Wertekonsens des Staates mittragen, zu dem etwa die Wahrung der Menschenwürde, der Anerkennung von Recht und Gesetz oder des gemeinsamen „ethischen und kulturellen Fundaments“ gehörten. Dieses Fundament gälte es beständig zu erneuern. „Die christlichen Kirchen tragen diese Aufgabe nicht allein, aber auch“, so Thierse, der die Forderung aufstellte, sie sollten dabei „nicht leisetreterisch und ängstlich“ sein. Christen sollten sich in der Politik engagieren und sich dabei auch religiös äußern dürfen. Weltanschauliche und religiöse Toleranz sei angesichts enormer Differenzen in diesem Punkt unumgänglich. „Vielfalt friedlich leben“, nannte der Ex-Bundestagspräsident als Leitgedanken dazu.

Religion als Teil des Problems oder der Lösung?

„Christentum, Judentum und die Aufklärungstradition gehören zu Deutschland genauso wie der Islam“, so Thierse. Zugleich müsse in diesem Zusammenhang die Frage gestellt werden, „welcher Islam gehört zu Deutschland?“ Freiheitsfeindliche und militante Tendenzen dürften auch innerhalb des Islams nicht akzeptiert werden, wenn es gelingen solle, Ängste und Vorbehalte abzubauen. Muslime müssten respektieren, „dass die Gesetze der Religion nicht über denen des Staates stehen.“ Umgekehrt müssten auch die Deutschen lernen, den Bau weiterer Moscheen sowie die Pflege muslimischer Traditionen in ihrer Heimat zu respektieren, seien es der Ramadan oder das Tragen des Kopftuchs.
Religion dürfe sich dem gesellschaftlichen Diskurs dabei nicht verweigern. „Wenn Religion Teil des Problems ist, soll sie auch Teil der Lösung sein“, so Thierse.

Text: Michael Baudisch.

Lesen Sie hier den Vortrag von Bundespräsident Wolfgang Thierse im ungekürzten Wortlaut

Die Freiheit wagen – Religion und Toleranz in der pluralistischen Gesellschaft von heute
Je moderner eine Gesellschaft, desto säkularer werde sie. Das war lange Zeit die – beinahe religiöse -Überzeugung in den westlichen Gesellschaften, jedenfalls unter deren lieberalen „Aufgeklärten“. Säkularisierung (im Sinne des Verschwindens, wenigstens des Zurückdrängens von Religion) sei ein irreversibler Prozess. Dieser Glaube ist, wenn nicht gänzlich widerlegt, so doch erschüttert: Religion ist am Beginn des 21. Jahrhunderts von überraschender, kräftiger und dabei gewiss sehr widersprüchlicher Vitalität. Das gilt auch für das globale Christentum, das – wie vergleichende Untersuchungen zeigen – weltweit besonders intensiver Verfolgung ausgesetzt ist.
Man muss nicht unterdrücken und verfolgen, was nicht Lebenskraft hat, was nicht als stark empfunden wird! Religion ist also Teil der Moderne. Der Religiöse ist offensichtlich nicht unmoderner als der Areligiöse.
Diese unübersehbare Tatsache widerspricht durchaus der Erwartung von Säkularisten verschiedenster Spielart. Und sie gilt nicht nur für unseren Globus insgesamt, sondern auch für Deutschland, von dem wir fast täglich die Behauptung hören und lesen können, es sei ein säkulares Land geworden. Aber alle Zahlen – vom Zensus bis zum Religionsmonitor – zeigen etwas anderes: Je 30 Prozent Protestanten und Katholiken, ca. 5 Prozent Muslime, ca. 5P rozent Angehörige anderer Religionsgemeinschaften, ca. 30 Prozent Konfessionslose leben in Deutschland. (Die Ex-DDR, also Ostdeutschland war und ist neben Tschechien das religionsloseste Land auf dem Globus: der einzige durchschlagende „Erfolg“ des SED-Regimes.) Zu den Ergebnissen des Monitors gehört auch: 85 Prozent der Menschen meinen, man solle gegenüber allen Religionen offen sein. Zugleich sieht eine Mehrheit in der zunehmenden religiösen Vielfalt ein Potential für Konflikte. Und gerade in jüngster Zeit empfinden viele insbesondere den Islam als Gefahr, mindestens als Quelle von Beunruhigung.
Solche Zahlen sind gewiss interpretationsbedürftig, aber lassen sich doch in dem Urteil zusammenfassen: Wir leben nicht einfach in einer säkularen Gesellschaft, sondern ein einer religiös und weltanschaulich pluralen Gesellschaft. So wie auch Religionen selbst (ebenso wie Agnostizismus und Atheismus) individualistischer und also pluraler verstanden und gelebt werden. Es gibt nicht den einen, den religiösen oder areligiösen Deutungsrahmen sozialen und individuellen Lebens. Traditionen werden schwächer, Bindungen lockerer, Autoritäten haben weniger Wirkung. Eine Situation der Unübersichtlichkeit und der Unsicherheit.
Genau dies aber, diese religiös-weltanschauliche Pluralität ist eine anstrengende Herausforderung für die Gesellschaft insgesamt, also für Religiöse wie Religionslose gleichermaßen. Toleranz ist gefragt, Respekt, Anerkennung, damit Pluralismus friedlich gelebt werden kann. Die aber sind wahrlich nicht selbstverständlich.
Man erinnere sich an die weltanschaulichen und religiösen Konflikte in den letzten Jahren: Streit um Moscheebauten, Streit um Kopftücher und Kruzifixe oder die Auseinandersetzung um Beschneidung. Und schauen wir ringsum, dann erscheint Religion (mindestens in Form des islamistischen Fundamentalismus) als geradezu gefährliche, demokratiefeindliche Kraft. Die Reaktionen auf die brutalen Morde in Paris – ein Akt extremster Intoleranz – waren durchaus zwiespältig: Verteidigung von Meinungsfreiheit hier – Protest gegen Blasphemie anderswo. Und dann auch noch Köln, Ansbach, Würzburg … Wir ahnen, wir beobachten, dass sich – nicht nur weit weg, sondern auch in unserem Land – kulturelle und religiöse Konflikte häufen und verschärfen.
Was ist passiert, was geschieht gegenwärtig? (Treten wir einen Schritt zurück.)
26/27 Jahre ist das erst her: Die friedliche Revolution, die Überwindung des Ost-West-Systemkonflikts, die Vereinigung Deutschlands und die Überwindung der Spaltung Europas. Und wir erleben schon wieder eine neue, dramatische Wendung der Geschichte. Hunderttausende Flüchtlinge stürmen nach Europa, nach Deutschland – eine Bewegung, die vermutlich anhalten wird und die manche von einer neuen Völkerwanderung sprechen lässt. Sie trifft auf ein verunsichertes, zerstrittenes Europa, Deutschland darin eingeschlossen. Keiner weiß genau, welche Veränderungen diese Entwicklung bewirken wird, vermutlich aber werden die Wirkungen der nun nicht mehr leugbaren Tatsache, dass Deutschland ein Einwanderungsland geworden ist, viel folgenreicher sein als die der Wiedervereinigung.
Wir bemerken, dass die deutsche Gesellschaft sich durch Migration stark verändert. Sich auf diese Veränderung einzulassen, ist offensichtlich eine anstrengende Herausforderung, erzeugt Misstöne und Ressentiments und macht vielen Einheimischen Angst, vor allem unübersehbar und unüberhörbar im östlichen Deutschland. Pegida ist dafür ein schlimmes Symptom, die Wahlerfolge der AFD ein anderes. Vertrautes, Selbstverständliches, soziale Gewohnheiten und kulturelle Traditionen: Das alles wird unsicher, geht gar verloren. Individuelle und kollektive Identitäten werden infrage gestellt – durch das Fremde und die Fremden, die uns nahegerückt sind – durch die Globalisierung, die offenen Grenzen, die Zuwanderer, die Flüchtlinge. Die Folge sind soziale Abstiegsängste und Entheimatungsängste, die sich in der Mobilisierung von Vorurteilen, in Wut und aggressivem Protest ausdrücken. Genau das ist unsere demokratische Herausforderung und sie ist eine politisch-moralische Herausforderung: Dem rechtspopulistischen, rechtsextremistischen Trend, der sichtbar stärker und selbstbewusster geworden ist, zu begegnen, zu widersprechen, zu widerstehen.
Darauf also müssen wir uns einstellen: Unser Land wird dauerhaft pluralistischer, also ethnisch und religiös und kulturell vielfältiger und widersprüchlicher werden. Dieser Pluralismus wird keine Idylle sein, sondern steckt voller politisch-sozialer und religiös-kultureller Konfliktpotential. Wie wir mit diesen Konflikten umgehen, das entscheidet über die Zukunft unserer Freiheit (die Religionsfreiheit eingeschlossen)!
Das ist der Hintergrund vor dem ich ein paar Bemerkungen machen will über das Verhältnis von Religion und pluraler Gesellschaft, von Kirche und säkularem Staat, zum Christsein in der Einwanderungsgesellschaft, von Freiheit und Toleranz.
Erstens und ganz grundsätzlich: Die Bundesrepublik Deutschland ist geprägt durch ein besonderes Verhältnis von Staat und Kirche. Der Staat des Grundgesetzes ist weltanschaulich neutral, er verficht selbst keine Weltanschauung, um so die Religionsfreiheit seiner Bürger zu ermöglichen. Man hat dieses Verhältnis von Staat und Kirche als ein Verhältnis der „respektvollen Nichtidentifikation“ bezeichnet. Durch diese Zurückhaltung gibt der Staat ausdrücklich Raum für die starken Überzeugungen seiner Bürger, die die Zivilgesellschaft prägen und damit auch den Staat tragen. Er ist also kein säkularistischer Staat, also auch kein Staat der einen säkularen Humanismus vorzieht und fördert und Religion aus der Öffentlichkeit verdrängt. Wie es etwa Laizisten wünschen und auch eine Mehrheit der veröffentlichten Meinung möchte: Die Religionen, die Kirchen sollen sich gefälligst zurückhalten. So etwa hat die Schriftstellerin Monika Maron an die Religionsgemeinschaften die Forderung gerichtet, „die Säkularität des Landes zu achten“. Mit Blick auf einen tatsächlich oder vermeintlich integrationsunwilligen Islam formuliert sie: „Wenn die religiösen Ansprüche der Muslime mit dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes kollidieren, müsste man… die Privilegien der christlichen Kirchen beschränken, um den Zugriff des Islam auf das öffentliche Leben von uns allen zu verhindern.“ Eine paradoxe Argumentation: Die Angst vor dem Islam wird gegen alle (öffentliche) Religion gerichtet. Ich vermute, das ist eine verbreitete Stimmung.
Die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit dagegen ist die Aufforderung an die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (also nicht nur an die christlichen Kirchen, sondern auch an andere) und ihre Mitglieder aus dem Raum des Innerlichen, des bloß Privaten herauszutreten und den Gemeinsinn mitzuformen, an der Gesellschaft mitzubauen, also öffentlich zu wirken und insofern „weltlich“ zu werden. Mit anderen Worten: Der moderne Staat ist säkular nicht dadurch, dass er Religionen ausschließt, sondern dadurch, dass er die Koexistenz einer Vielfalt religiöser wie areligiöser Überzeugungen ermöglicht. Weil der Staat des Grundgesetzes nicht alles selbst erledigen kann und will, lädt er dazu ein, dass die Bürger aus ihrer jeweiligen Überzeugung heraus und nach gemeinsamen Regeln subsidiär zusammenwirken, über religiöse und kulturelle Unterschiede hinaus, gemeinsam das soziale und kulturelle und politische Leben zu gestalten. Diese Einladung auszuschlagen, sollte für Christen undenkbar sein, sie gilt ebenso auch für Juden, Muslime, Atheisten, Agnostiker.
Zweitens: Für den Zusammenhalt einer pluralistischen Demokratie, einer widersprüchlichen, vielfältigen Gesellschaft reicht offensichtlich nicht das allein aus, auf das ganz selbstverständlich zunächst hingewiesen werden kann und muss: Die gemeinsame Sprache, die Anerkennung von Recht und Gesetz, der vielgerühmte und gewiss notwendige Verfassungspatriotismus. Auch nicht die Beziehungen, die die Gesellschaftsmitglieder über den Markt und Arbeitsprozesse miteinander eingehen, nämlich als Arbeitskräfte oder Konsumenten. Auch das Beziehungsgeflecht, das wir über diese beiden Rollen erzeugen, reicht offensichtlich nicht aus, den Zusammenhalt einer so widersprüchlichen Gesellschaft zu garantieren.
Über all dies Selbstverständliche und Notwendige hinaus bedarf es, so meine ich, grundlegender Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen in dem, was wir Maßstäbe, Normen oder „Werte“ nennen. Es bedarf tendenziell gemeinsamer Vorstellungen von der Freiheit und ihrer Kostbarkeit, vom Inhalt und Umfang von Gerechtigkeit, vom Wert und der Notwendigkeit von Solidarität, gemeinsamer oder wenigstens verwandter Vorstellungen von sinnvollem und gutem Leben, von der Würde jedes Menschen, von der Integrität der Person, von Respekt und Toleranz.
Dieses nicht-politische sondern ethische und kulturelle Fundament gelingender Demokratie – das ist nicht ein für alle mal da, sondern es ist gefährdet, ist umstritten, kann erodieren. Es muss immer wieder neu erarbeitet werden, es muss weitgegeben, vitalisiert, vorgelebt, erneuert werden. Das ist der Sinn des so oft zitierten Satzes des ehemaligen Verfassungsrichters Ernst-Wolfgang Böckenförde: „Der freiheitliche, säkulare Staat lebt von Voraussetzungen, die er nicht selbst garantieren kann.“ Die Verantwortung für diese Voraussetzungen, für dieses ethische Fundament unseres Zusammenlebens tragen – über die Zuständigkeit des Bildungssystems hinaus – alle Bürger, insbesondere die kulturellen Kräfte einer Gesellschaft und darin eben auch und in besonderer Weise Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und also auch und selbstverständlich die christlichen Kirchen! Gewiss nicht sie allein in einer pluralistischen Gesellschaft, nicht die Christen und die religiösen Menschen allein und selbstverständlich nicht so, dass die Kirchen noch triumphalistisch daherkommen könnten. Sondern sie müssen sich in einer pluralistischen Gesellschaft als Dialogpartner verstehen, sich in die Debatte, ja auch in den Streit einbringen. Aber die Kirchen, die Christen sollten dabei auch nicht leisetreterisch und nicht ängstlich sein, die eigene Sache zu vertreten.
Drittens: Die für Religion (und auch für dem Humanismus verpflichtete Weltanschauungsgemeinschaften) wesentliche Dimension der Nächstenliebe kann ja nur konsequent gelebt werden, wenn sie bis in die Sphäre des Politischen reicht und nicht davor halt macht. Vor diesem Hintergrund zu verlangen, dass Religion allein Privatsache sein dürfe und nicht mehr, sollten Christen (und auch Juden und Muslime und andere Religionsgemeinschaften) sich nicht gefallen lassen. Gewiss ist Religion insofern Privatsache, als sie selbstverständlich Sache der freien, persönlichen Entscheidung des Einzelnen ist. Aber zu verlangen, sie müsse auch im privaten, nichtöffentlichen Raum bleiben, sie dürfe keine öffentliche Existenz, keinen politischen Wirksamkeitsanspruch haben – das verlangte eine Verfälschung von – nicht nur christlicher – Religion.
Ich zitiere aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (von 2009):
„Die Religionsfreiheit beschränkt sich nicht auf die Funktion eines Abwehrrechts, sondern gebietet auch im positiven Sinn, Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern.“
Im Herbst vorigen Jahres hat Navid Kermani, der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, am Ende seiner beeindruckenden Dankrede in der Frankfurter Paulskirche die Anwesenden aufgefordert sich zu erheben zu einem Gebet der Solidarität für vom Islamischen Staat im Irak Entführte. Er hat diese Bitte mit dem erklärenden (fast entschuldigenden) Satz verbunden: „Was sind denn Gebete anderes als Wünsche…“
Trotzdem hat dies zu einer kleinen Kontroverse geführt, die durchaus verräterisch ist. In der Süddeutschen Zeitung wurde Kermani ein „unerträglicher Übergriff“ an einem „Ort konfessionsloser, zivilreligiöser Feierstunden“ vorgeworfen und zwar durch dessen Wechsel von der Rede ins Register Gebet. Die Religionsfreiheit gebiete es, das Gebet den einzelnen Bekenntnissen zu überlassen. Und – Jürgen Habermas zitierend – die gläubigen Bürger sollten „ihre religiösen Überzeugungen in eine säkulare Sprache übersetzen.“
Der journalistische Kritiker verrät ein Verfassungs- wie Religions-Verständnis, das ich für problematisch halte: Religion wird ins apolitische stille Kämmerlein verbannt, im Sinne eines radikalen Laizismus habe sie im öffentlichen Raum nichts zu suchen. Ein solches Verständnis wird dem Anspruch von Religion nicht gerecht und entspricht auch nicht der deutschen Verfassungstradition, die eben nicht laizistisch geprägt ist. Und es kann sich übrigens auch nicht auf Jürgen Habermas berufen, der ausdrücklich formuliert: „Die Antwort, die der Laizismus gibt, ist unbefriedigend. Die Religionsgemeinschaften dürfen, solange sie in der Bürgergesellschaft eine vitale Rolle spielen, nicht aus der politischen Öffentlichkeit verbannt werden. … Religiösen Bürgern und Religionsgemeinschaften muss es freistehen, sich auch in der Öffentlichkeit religiös darzustellen, sich einer religiösen Sprache und entsprechender Argumente zu bedienen…. Das universalistische Anliegen der politischen Aufklärung erfüllt sich erst in der fairen Anerkennung der partikularistischen Selbstbehauptungsansprüche religiöser und kultureller Minderheiten.“
Das ist nach meiner Überzeugung die eigentliche Herausforderung von zunehmendem religiös-weltanschaulichem Pluralismus: Nicht Atheismus, nicht Laizismus ist die Antwort auf Religion/Weltanschauung im Plural, sondern eine Zumutung anzunehmen. Diese Zumutung besteht darin, sich der Anstrengung unterziehen zu müssen, das Eigene zu kennen, zu vertreten und zu übersetzen, den Anderen zu verstehen suchen und eine gemeinsame Sprache zu finden. Noch einmal Habermas: „In der Rolle von demokratischen „Mitgesetzgebern“ gewähren sich alle Staatsbürger gegenseitigen grundrechtlichen Schutz, unter dem sie als Gesellschaftsbürger ihre kulturelle und weltanschauliche Identität bewahren und öffentlich zum Ausdruck bringen können.“
Es ist also festzuhalten: Der weltanschaulich neutrale demokratische Staat bleibt auf Menschen angewiesen, die sich in Weltanschauungs- und Religionsfragen nicht neutral verhalten – die sich aber ausdrücklich auf Fairness und Friedfertigkeit im Verhältnis zueinander verpflichten lassen!
Viertens: Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, das sagt sich ganz leicht. Sie ist aber keine Idylle, sondern eine Zumutung. Eine freie Gesellschaft ist keine gemütliche Gesellschaft. Denn mit Pluralismus ist gemeint: die konfliktreiche, strapaziöse Pluralität von Überzeugungen, Weltbildern, Wahrheitsansprüchen, Wertorientierungen, Lebensweisen, sozialen Lagen, kulturellen Prägungen. Wie lässt sich die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, die kulturelle und religiös-weltanschauliche Vielfalt in unserer Gesellschaft „ertragen“, besser „leben“ – ohne Ängste, ohne Ausgrenzungen, ohne Unterdrückung und Gewalt?
Ohne religiös-weltanschauliche Toleranz ist dieser Zusammenhalt gewiss nicht zu haben. Und erst in solcher Gesellschaft ist Toleranz geradezu existenziell nötig (in weltanschaulich-homogener Gemeinschaft – ebenso wenig in einer totalitären Gesellschaft – bräuchte man sie nicht).
Erst in einer Gesellschaft der Differenzen erweist sich Toleranz als notwendige und zugleich anstrengende Tugend, die aber nicht einfach immer schon da ist, sondern um die man sich sorgen, sich kümmern muss – auch und gerade, wenn Religions- und Meinungsfreiheit von Staats wegen, also verfassungsmäßig garantiert sind.
Toleranz aber ist eine herbe, anstrengende Tugend. Denn anders als ihr populäres Missverständnis ist sie eben nicht laissez faire, Indolenz, Desinteresse, Gleichgültigkeit, Beliebigkeit meint. Bei der Toleranz als einer Tugend der praktischen Vernunft geht es um die schwierige Verbindung von eigenem Wahrheitsanspruch mit der Anerkennung des Wahrheitsanspruchs des Anderen.
So verstanden ist Toleranz eine unersetzliche Dimension von Gerechtigkeit – so wie ich als Sozialdemokrat sie verstehe, Gerechtigkeit nämlich als gleiche Freiheit.
Toleranz ist Zentrum einer gelebten Kultur der Anerkennung gleicher Lebens- und Freiheitsrechte.
Wir Christen sind (wie auch Juden, Muslime und Angehörige anderer Religionsgemeinschaften und ebenso auch Agnostiker und Atheisten – aber bleiben wir bei den Religionen) sind Teil des Pluralismus – wir stehen nicht über ihm, haben keinen Ort außerhalb. Das ist für mich der vernünftige Sinn des nun vielfach wiederholten Satzes: „Der Islam gehört zu Deutschland“ – so wie – geschichtlich selbstverständlicher – das Christentum und das Judentum und die Aufklärungstraditionen zu Deutschland gehören.
Was aber bedeutet dieses Wort „gehört“ wirklich? Werden wir diesen anspruchsvollen Satz durchhalten können in unserem Land – angesichts so vieler Menschen muslimischen Glaubens, muslimisch-arabischer Kulturprägung, die zu uns gekommen sind. Angesichts von Ängsten und Konflikten?
„Die deutsche Gesellschaft hat sich durch Migration stark verändert und immer mehr Menschen nehmen für sich in Anspruch, als Bürger dieses Landes diesen Wandel mitzugestalten“ – so sagte es Naika Foroutan (die Berliner Migrations- und Integrationsforscherin) schon vor zwei Jahren. Es gehe „um die fundamentale Aushandlung von Rechten, von Zugehörigkeit, von Teilhabe und von Positionen. Das ist das neue Deutschland. Es handelt sich und seine (nationale) Identität gerade postmigrantisch neu aus.“
Um wieviel mehr gilt das heute und erst recht in den kommenden Jahren?
Dieser Prozess, ich wiederhole es, ist offensichtlich eine ziemliche Herausforderung, erzeugt Misstöne und Ressentiments und macht vielen Menschen Angst, erzeugt Unsicherheit. Eine diffuse Abwehr von Religion greift um sich: „Islamisierung des Abendlandes“ heißt die „Gefahr“ auf der Straße (Pegida-Anhänger sind meist konfessionslos). In den Feuilletons ist die Rede von den monotheistischen Religionen als gewaltfördernd, als „Brandstifter und Brandbeschleuniger“. Ohne die Religionen wäre die Welt friedlicher, ist ein geläufiger Glaubenssatz unter den intellektuellen Eliten (die dabei die ziemlich areligiösen Hitler, Stalin, Mao, PolPot vergessen).
Eine Stimmung religionsfeindliche verbreitet sich. Die Verteidigung von Liberalität schlägt um in illiberale Praxis: Man denke an Verbotsforderungen verschiedenster etwa in Frankreich (Burkini) und in Deutschland (Burkaverbot). Die Religion sei eben die beste, die man weder sieht noch hört. Ein sehr bequemes Verständnis von Freiheit!
Aber: Die Frage nach der Gefährlichkeit von Religion, nach ihrem Gewaltpotential ist durchaus ernstzunehmen – auch wenn sie gegenwärtig Judentum und Christentum nicht unmittelbar betrifft, weil zumal das Christentum eine Geschichte der Mäßigung, der Trennung von Kirche und Staat, der Unterscheidung von Religion und Politik, des Erwerbs von Toleranzfähigkeit hinter sich hat.
Aber wie geht das: Angesichts der allabendlichen Fernsehnachrichten über unter Berufung auf den Islam begangene Gewalttaten die Unterscheidung von Islam und Gewalt festzuhalten, sie immer neu zu betonen – ohne einen sippenhaftartigen Bekenntniszwang gegenüber den deutschen Muslimen auszuüben und ohne die frustrierende ständige Distanzierungsaufforderung an unsere muslimischen Nachbarn. Das gilt ja erst recht nach den Pariser Mordtaten, nach den Kölner Schandtaten und ihren emotionalen Wirkungen: Wie bleibt die notwendige Differenzierung möglich?
Andererseits: Die ständige Wiederholung der beschwörenden Abwehrformel: „Das alles hat nichts mit dem Islam zu tun“ – sie hat, fürchte ich, gegenteilige Wirkung bei vielen, denn – das ist ja Teil der täglichen Nachrichten – die Terroristen sind nun mal Muslime bzw. und genauer: sie behaupten es zu sein und berufen sich unüberhörbar und unübersehbar auf den Koran.
„Es gibt eine friedliebende Deutung des Korans, aber auch eine gewalttätige“, sagt der islamische Theologe Mouhanad Khorchide. Ahmad Mansour, der Berlin Muslim, hat in einem Spiegel-Essay geschrieben: „Wenn Kanzlerin Angela Merkel jetzt sagt: „Der Islam gehört zu Deutschland“, dann möchte ich sie fragen: welcher Islam? Muslime gehören zu Deutschland, zweifellos. Aber mein Islam ist ein anderer als der Islam der Hassprediger, ein Islam, der nicht in eine Demokratie gehört.“ Einen freiheitsfeindlichen Islam, einen militanten Islamismus können wir in Deutschland nicht tolerieren – um des friedlichen Zusammenlebens willen. Ein solcher Islam gehört nicht zu Deutschland.
Wenn wir also ja zum Islam als einem Teil Deutschlands sagen, dann erlaubt und verlangt dieses Ja dann auch Fragen: nach einer Reform des Islams, nach seiner Vielfalt, seiner inneren Differenzierung, seiner Theologie, nach den Unterschieden zwischen einem europäischen (deutschen?) Islam und dem Islam etwa in Saudi-Arabien oder anderen islamisch bestimmten Staaten ohne Religionsfreiheit.
Die Überwindung von Ängsten und Vorurteilen gegenüber dem Islam hierzulande ist gewiss eine gemeinsame Aufgabe der Religionsgemeinschaften also auch von uns Christen und der demokratischen Gesellschaft insgesamt. Sie ist es auch für Atheisten und Agnostiker, wenn diese denn gegenüber dem Islam, also den Muslimen, nicht nur ein Verhältnis gnädiger, herablassender Duldung, sondern wirklichen Respekts einnehmen wollen. Es ist aber ganz wesentlich auch eine Aufgabe der muslimischen Gemeinschaften und ihrer Imame und Sprecher und ihrer Offenheit und Gesprächsbereitschaft.
Wir haben noch viel Verständigungsarbeit vor uns. Damit Toleranz als Respekt gelebt wird und nicht als bloße gnädige Duldung. Es wird sehr anstrengend werden! Denn es geht darum, wechselseitige Zumutungen friedlich zu ertragen, freundlich mit ihnen umzugehen. Nur einige Beispiele: Christen, Juden und Konfessionslosen wird in Deutschland zugemutet werden, dass Muslime noch mehr Moscheen bauen, dass sie zu Ramadan sichtbar fasten, dass muslimische Frauen freiwillig (!) Kopftuch tragen, dass es auch Lokale ohne Alkohol, dafür aber mit Halal-Fleisch gibt, dass die Vorstellungen über die Familie oft sehr konservativ sind. Die Muslime ihrerseits haben zu akzeptieren, dass die Freiheit für alle gilt, also auch für Frauen, die nicht unter dem Patriarchat leben möchten, also auch für Schwule, für Religionskritiker, für andere Religionen und Bekenntnisse. Die Muslime müssen respektieren, dass die Gesetze der Religion nicht über den Gesetzen des Staates stehen, sondern in diesen ihre Grenzen finden. Und sie müssen lernen, dass Islam-Kritik nicht gleich Islam-Feindschaft ist.
Das aber heißt konkret: Immer wieder neu und im Streit ist auszuhandeln, was verträglich und vernünftig ist. Darf eine Grundschullehrerin im Unterricht ein Kopftuch tragen? Muss man hinnehmen, dass strenge Muslime Frauen nicht die Hand geben? Darf man Tiere ohne Betäubung schächten? Welche Mitsprache sollen muslimische Verbände beim Religionsunterricht haben? Wo verläuft die Grenze zwischen arrangierter Hochzeit und Zwangshochzeit? Darf man sein Kind vom Schwimmunterricht abmelden, weil es andere Kinder in Badehose sehen könnte? In Sachen Burkini, Burka, Niquab ist der Streit schon heftigst im Gange, Ich fürchte mich vor dessen parteipolitischer Instrumentalisierung! Und ich glaube nicht, dass wir den Streit durch flotte Verbote vermeiden können.
Es wird also sehr viel Anlässe für ungemütlichen Streit geben. (Manchmal habe ich den Eindruck, dass nicht wenige Ostdeutsche sich zurücksehnen nach der grimmigen Idylle DDR, nach ihrer verordneten Gemütlichkeit.)
Um es noch einmal grundsätzlich zu sagen: Alle – Christen, Juden, Muslime, Atheisten, Agnostiker usw, Einheimische wie zu uns Gekommene – wir alle werden uns der Debatte stellen müssen: Was begrenzt kulturell-religiös-weltanschauliche Selbstbestimmung, was ist das verpflichtend Gemeinsame, worauf gründen wechselseitige Anerkennung und Gesprächsfähigkeit und Gesprächsbereitschaft der Verschiedenen? Was ist Toleranz, wie weit muss, darf sie gehen? Brauchen wir Verbote?Wie vergewissern wir uns des Gemeinsamen, damit wir Vielfalt friedlich leben können? Darum geht es, muss es gehen – egal wie wir es nennen: ob „Leitkultur“ (ein irgendwie belasteter, verdorbener Begriff) oder „zivilbürgerliche Kultur“/“gemeinsame Bürgerschaft“ (reicht dies?) oder wie ich es nenne: „das nichtpolitische, sondern ethische und kulturelle Fundament gelingenden Pluralismus, gelingender Demokratie“. Und um es noch einmal deutlich zu sagen: Antisemitismus, Rassismus, Homophobie, Unterdrückung der Frau, religiöse Intoleranz – das sind keine Beiträge zu diesem Fundament, sie zerstören es vielmehr. Egal ob sie von Zuwanderern aus der arabisch-islamischen Welt oder von Menschen aus dem eigenen Land (von NPD, Pegida bis AfD) und ausgedrückt werden!
Integration, die große Herausforderung der nächsten Jahre, verlangt zei Blickrichtungen, sie ist eine doppelte Aufgabe: Die zu uns Gekommenen sollen, sofern sie hier bleiben wollen, heimisch werden im fremden Land – und den Einheimischen soll das eigene Land nicht fremd werden.
Heimisch werden und heimisch sein heißt, die Chance zur Teilhabe an den öffentlichen Gütern des Landes zu haben, also an Bildung, Arbeit, sozialer Sicherheit, Demokratie und Kultur partizipieren zu können. Es heißt auch, menschliche Sicherheit und Beheimatung zu erfahren, was mehr ist als Politik allein zu leisten vermag, sondern Aufgabe vor allem der Zivilgesellschaft ist, ihrer Strukturen und Gesellungsformen, von deren Einladungs- oder Abweisungscharakter, also gerade von unserem Engagement, unserer Solidarität als Christen abhängt, die wir Bürger dieses Einwanderungslandes, dieser pluralistischen Gesellschaft sind.
Angst und Hass sind sehr verschiedene Emotionen! Angst überwindet man nicht durch Schulterklopfen oder Beschimpfungen, sondern durch Aufklärung, durch Gespräch, durch Begegnung, durch gemeinsames Handeln. Hass (gegen Fremde, gegen Ausländer, gegen Juden, gegen Demokraten) haben wir offensiv zu begegnen, zu widersprechen und zu widerstehen. Die Artikulation von Besorgnissen ist etwas gänzlich anderes als Hetze. Wir sollten sehr auf solche Unterscheidungen achten und danach handeln.
„Niemand kann verlangen, dass unser Land sich ändert“ (Viktor Orban). – Das ist ein Satz der Angst (von der ich vermute, dass viele Menschen auch in unserem Land sie teilen). Es ist aber auch ein fataler Satz. Denn wir wissen doch: Nur offene, sich verändernde Gesellschaften sind produktiv und haben Zukunft! Das ist doch auch die Erfahrung von 1989: Geschlossene, eingesperrte Gesellschaften bedeuten Stillstand, sind nicht überlebensfähig, müssen überwunden werden!
Deshalb ist es unsere Aufgabe gerade als Angehörige verschiedener Überzeugungsgemeinschaften, als demokratische Bürger, insbesondere aber als Christen, die Ängste bei den vielen überwinden zu helfen, die Aufgabe der Integration anzunehmen, die „neue Völkerwanderung“ zu gestalten. Mit menschlichem Anstand, mit Kraft und Ausdauer, mit langem Atem. „Ohne Angst und Träumerei“ – so hat es der frühere Bundespräsident Johannes Rau einmal formuliert.
Zum Schluss:
Wenn Religion, ihre Vielfalt und ihr Konfliktpotential, Teil des Problems ist, dann kann und soll Religion auch Teil der Lösung sein – und eben nicht das diffuse Misstrauen gegenüber Religion, ihre grundsätzliche Abwehr und die Einschränkung von Religionsfreiheit.
Denn: Religionsfreiheit ist ein genuines, fundamentales Freiheitsrecht. Ihre Geltung, die Praxis von Religionsfreiheit ist ein entscheidendes Kriterium für Freiheit schlechthin (mehr noch als Gewerbefreiheit – das andere Konstitutivum der bürgerlichen Gesellschaft).
Der Einsatz für die Verteidigung und Verwirklichung der Religionsfreiheit, die in vielen Länder der Welt bedroht oder gar nicht existent ist, stellt deshalb nicht eine Art von religiösem oder christlichem Egoismus dar, wie manche meinen. Er ist Einsatz auch und vor allem für die Freiheit der anderen. Das gilt ebenso für unser Land: Das Zurechtstutzen von Religion auf eine reine Privatsache wäre eine Beschneidung von Religionsfreiheit. Dagegen sich zu wehren, also auf dem Öffentlichkeitsanspruch von Religion zu bestehen, ist eine gemeinsame Aufgabe aller Religionsgemeinschaften und eigentlich aller Bürger mit Sinn für Freiheit. Denn sie entspricht unserer Verfassung, die schließlich für alle gleichermaßen gültig ist.