29. Januar 2021

Zwickau vor der Machtfrage

Wie muss Macht gestaltet sein, damit das Miteinander gelingt?

Während Corona ein ungeahntes Gefühl der Machtlosigkeit erzeugt, stellen Käthe-Kollwitz- und Peter-Breuer-Gymnasium die Machtfrage in Zwickau: Wie muss Macht gestaltet sein, damit das Miteinander gelingt?

Denn knapp 100 Tage sind vergangen, seitdem sich die Zwickauer für ein neues Stadtoberhaupt entschieden haben. Dazu gehört auch die andere Seite: Menschen, die eine Vorstellung für die Zukunft der Region haben und bereit sind, dafür auch Verantwortung zu tragen. Keine leichte Aufgabe, mitten in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Mutig vorn dran stehen, obwohl der eigene Zweifel überwiegt, gehört ebenso dazu, wie eine Weitsicht zu entwickeln, ohne beim Blick auf die anstehenden Entscheidungen die Menschen zu überfordern. Dafür reicht der Blick in die vergangenen Wochen. Obwohl die Inzidenzzahlen schon zu galoppieren begannen, sprach die neue Oberbürgermeisterin Constance Arndt den Zwickauern im November noch Mut zu: „Eins ist sicher: Auch die Corona-Situation werden wir in den Griff bekommen, auch wenn es noch einige Monate dauern könnte“. Ob sie dabei an sich selbst und den Strukturen der Stadt zweifelte, wie dies gelingen soll, verriet sie nicht.

Mitten in der Pandemie haben sich jetzt das Peter-Breuer-Gymnasium und das Käthe-Kollwitz-Gymnasium entschieden, Fragen zur Macht zu stellen und dazu mit den Menschen im Zwickauer Land ins Gespräch zu kommen. Ohne Frage kann als Highlight die öffentliche Diskussion mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und dem sächsischen Bischof Heinrich Timmerevers im Mai in der Zwickauer Sparkasse angenommen werden.

Jedoch setzen die beiden Schulen gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen schon vorher digital Akzente. Im Podcast „Mit Herz und Haltung“ wird in der Episode am 18. März der bekannte Politikerwissenschaftler Karl-Rudolf Korte über Macht und Politik diskutieren. Wie Macht und Kultur zusammen zu bringen sind, wird kurz darauf eine weitere Folge im Podcast sein. Beide Folgen werden dauerhaft im Internet verfügbar sein und mit jedem Podcast-Player abhörbar sein.

Einmalig hingegen werden die live-Debatten über das online-Portal sein, an der bereits am kommenden Donnerstag die Zwickauerinnen und Zwickauer eingeladen sind, über Macht und Gewalt zu streiten. Live aus Hamburg zugeschaltet ist als Gast des Abends Dr. Hartwig von Schubert. Der evangelische Theologe weiß, von was er spricht. Von November 2009 bis März 2010 begleitete er das 21. Deutsche Kontingent ISAF in den Norden Afghanistans. An der Führungsakademie der Bundeswehr trug er bis 2019 zentrale Verantwortung. Für ihn steht die internationale Perspektive im Mittelpunkt. Denn wenn sich die Verhältnisse der Weltmächte verschieben, wird es zu neuen Konflikten kommen. Ob sich angesichts dieser Entwicklungen ein Krieg vermeiden lässt und wie Deutschland vom Gewaltverbot profitieren könnte, diskutieren die Schüler und Eltern schon am Dienstag. „Wir haben den Mut, auch in den Ferien einzuladen, mit uns über dieses sensible Thema zu diskutieren. Man muss sich zwar anmelden, aber es entstehen keine Kosten“, versichert Thomas Wagner. Er selbst ist Lehrer am Breuer-Gymnasium und verantwortet zugleich die Veranstaltungen mit. „Wenn wir in dieser Krise wie im Brennglas sehen, wie die einen schwierigste Dilemma-Situationen verantwortungsvoll angehen und andere ihre Macht schamlos zum eigenen Vorteil ausnutzen, wird deutlich, wie wichtig es ist, dass wir als Gesellschaft darüber sprechen.“ Denn Macht sei nicht automatisch schlecht. Aber es komme auf jeden Einzelnen an, sie klug zu gestalten, betont er fast schon fordernd.

Eine live-Debatte überrascht besonders: Das Nachdenken über Macht und Mode im März. Wenn die Berliner Wissenschaftlerin Antonella Giannone darüber online ins Gespräch kommt, wird es auch darum gehen, wie Machtmenschen sich kleiden und ob Instagram, TikTok und Facebook den Blick auf den Kern des Menschen versperren. Weil die Macht der Bilder eine neue Dominanz ermöglichen, die das Verhältnis von Schein und Sein verändern.

Über Macht nachzudenken, bedeutet auch, das Miteinander von Menschen in den Blick zu nehmen. Thomas Wagner weiß aus eigener Erfahrung: Wer Macht hat, wir automatisch schuldig. „Verzeihen wird deswegen unverzichtbar. Denn Schuld gehört immer mit zur Verantwortung dazu.“ Ihm gehe immernoch nach, dass im Akademie-Podcast „Mit Herz und Haltung“ Annegret Kramp-Karrenbauer unterstrich, wie sehr die Pandemie ein Charaktertest sei, der ungeschönt das wahre Gesicht vieler Menschen offenbare. Vielleicht kann sie auch dazu beitragen, das Miteinander im Land neu zu gestalten und die eigenen Fähigkeiten dazu mit einzubringen. Das gilt am Ende ebenso für eine Bundesverteidigungsministerin als auch für eine Oberbürgermeisterin.

 

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