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02. Oktober 2018
Tagung: Die neue Mitte
Stellungnahme zum Ausschluss von Susanne Dagen
Warum die Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen nicht zu einem Workshop der Tagung „Die neue Mitte? Rechte Ideologien und Bewegungen in Europa“ zugelassen worden ist
Im Begleitprogramm der aktuellen Sonderausstellung „Rassismus. Die Erfindung von Menschenrassen“ fand am Deutschen Hygiene-Museum vom 17. bis 19. September 2018 die Tagung Die neue Mitte? Rechte Ideologien und Bewegungen in Europastatt. An der Konzeption der Tagung waren Veranstalter beteiligt, die ein breites demokratisches Spektrum repräsentieren, neben dem Deutschen Hygiene-Museum waren das die Bundeszentrale für politische Bildung, das Mercator Forum Migration und Demokratie der Technischen Universität Dresden, das TRAWOS-Institut der Hochschule Zittau/Görlitz, das Institut für Kommunikationswissenschaften der Technischen Universität Dresden, das Kulturbüro Sachsen sowie die Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen.
Inhaltliche Ziele der Tagung
Ziel der Tagung war es, einen Überblick über die rechten und rechtsextremen Gruppierungen und Akteure in Deutschland und Europa zu geben, die aktuell die freiheitliche Grundordnung unserer Demokratie in Frage stellen und in ihrem Bestand bedrohen. Neben den bekannten Akteuren der gewaltbereiten Neonaziszene sind in den letzten Jahren neue Bewegungen und Initiativen hinzugekommen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielhaft das Institut für Staatspolitik(IfS) mit der Zeitschrift Sezession, der Antaios-Verlagmit seinen Publikationen, die Identitäre BewegungDeutschland oder das Bürgernetzwerk Ein Prozent. Es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, dass es eine zentrale Aufgabe der politischen Bildung ist, sich mit diesen beunruhigenden Entwicklungen kritisch auseinanderzusetzen.
In sechs Vorträgen, zwanzig Workshops und einer abschließenden Podiumsdiskussion wurde eine große Fülle von Einzelthemen behandelt. Besondere Aufmerksamkeit wurde den Strategien gewidmet, mit denen das rechtsintellektuelle Milieu daran arbeitet, zentrale politische Begriffe umzudeuten („Meinungsfreiheit“, „Demokratie“, etc.) und die Grenzen des Sagbaren („Schuldkult“, „NS als Vogelschiss“, etc.) zu verschieben.
Die Diskussionen und Praxisgespräche fanden in einer konstruktiven Atmosphäre statt und nahmen sowohl tagesaktuelle Probleme als auch langfristige Perspektiven in den Blick. Mit mehr als 200 Teilnehmenden war die Tagung ein großer Erfolg, darunter waren viele Studierende, aber auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Engagierte aus Ehrenamt und politischer Bildung.
Der Ausschluss Susanne Dagens von einem Workshop der Tagung
Die Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen (Buchhaus Loschwitz) hat in der Vergangenheit mehrfach ihre Unterstützung rechter Akteure und Ideologien bekundet. Sie tritt als Initiatorin der „Charta 2017“ für den rechtsextremen Antaios-Verlag ein und gibt rechten Medien wie dem Compact-Magazin oder der SezessionInterviews. Das Buchhaus Loschwitz und der Antaios Verlag produzieren gemeinsam die Youtube-Sendung „Aufgeblättert-zugeschlagen: Mit Rechten lesen“, in der Susanne Dagen und die Redakteurin der SezessionEllen Kositza gemeinsam Bücher vorstellen. Dagen positioniert sich damit am rechten Rand des politischen Meinungsspektrums.
Susanne Dagen hat an allen drei Veranstaltungstagen an der Tagung Die neue Mitte?teilgenommen und dabei Vorträge gehört und Workshops besucht. Am letzten Tag wurde sie zum Workshop „Echokammern und Filterblasen: Vernetzung über Social Media“nicht zugelassen. Eine Mehrzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops hatte darauf hingewiesen, dass eine vertrauensvolle Durchführung der Arbeitssitzung unter Beteiligung von Frau Dagen vor dem Hintergrund ihrer Vernetzung in rechtsextremen Kreisen nicht möglich sei. Die Workshop-Leiterin Simone Rafael von der Amadeu-Antonio-Stiftung (ASS) hatte Susanne Dagen daraufhin gebeten, von einer Teilnahme abzusehen. Frau Dagen wurde von den Veranstaltern anschließend vorgeschlagen, an allen noch folgenden Programmpunkten weiterhin teilzunehmen, was sie bis zur abschließenden Podiumsdiskussion auch tat.
Bewertung der Veranstalter
Der Zwischenfall verdeutlicht, wie schwierig der Diskurs über radikale politische Bewegungen und Ideologien ist. In entsprechenden Veranstaltungen kann es zu Situationen kommen, in denen zum Schutz einzelner Teilnehmer*innen sowie zur Sicherstellung eines angstfreien Sprechens und Diskutierens Zugangsbeschränkungen sinnvoll oder sogar unumgänglich werden können. Auch wenn mit dem Ausschluss von Susanne Dagen der grundsätzlich offene und demokratische Diskurscharakter der Tagung punktuell eingeschränkt wurde, respektieren die Veranstalter in Abwägung der unterschiedlichen legitimen Interessen der Beteiligten und der spezifischen Bedingungen des Veranstaltungsformats die Entscheidung der Workshop-Leiterin.Der Ausschluss einer Person aus einer Veranstaltung kann aber stets nur ein letztmöglicher Weg sein, und solche schwierige Entscheidungen müssen kontextabhängig immer wieder neu besprochen und abgewogen werden.
Die Veranstalter, Dresden, 1. Oktober 2018