12. April 2017

Brexit - Grexit - Exit

Der Vertrag von Lissabon und seine Folgen

Mit Dr. Stephan Dreischer, der viele Jahre an der TU Dresden zu politischen Institutionen und Ordnungskonstruktionen geforscht hat und nun in der „Denkfabrik Sachen“ des CDU-Landesverbandes tätig ist, ging es auf Spurensuche nach den Ursachen aktueller krisenhafter Entwicklungen in der Europäischen Union (EU). 

Unter dem Titel „BREXIT—GREXIT—EXIT: Der Vertrag von Lissabon – Ursache aktueller Entwicklungen“ beschäftigte sich der insgesamt dritte Vortrag der Reihe 'Europa, Vision reloaded' mit der Analyse folgender drei Problemfelder: Der „Eurokrise“ oder der Währungs- und Geldsorgen der Euroländer; der „Zerfallskrise“ oder dem bevorstehenden Austritt Großbritanniens und potentiell weiterer EU-Mitglieder sowie der „Unsicherheitskrise“ oder der unklaren Zukunft der Europäischen Union.

Auch wenn die Europäische Union zahlreiche Maßnahmen eingesetzt hat, um Euro- und Zerfallskrise etwas entgegen zu setzen (etwa „Rettungspakt“, „Rettungsschirm“, Verhandlungen mit Großbritannien vor dem Referendum), haben die Krisenerscheinungen die Zweifel der Bevölkerung an der EU eher gestärkt. Die Folgen sind eine Zunahme nationalistischer und populistischer Tendenzen in vielen EU-Staaten sowie eine Skepsis gegenüber der Fähigkeit der EU, auch als Wohlstandsmotor zu wirken. Darüber hinaus zementiert die nicht definierte Finalität der EU Unsicherheiten.

Der Vertrag von Lissabon, so Dreischer, sei nicht verantwortlich für die Krisen, biete aber auch keine Lösungsmechanismen für Krisen, von denen viele nur schwerlich vorhersehbar aber dem Ordnungskonstrukt immanent seien. Abseits der Krisenursachen, die Dreischer insbesondere im „Teufelskreis“ von Banken- und Staatsschuldenkrise begründet sieht, prognostiziert er der EU einige weitere schwierige Jahre, die aber letztlich auf eine gestärkte Gemeinschaft hinausliefen. So vermutet Dreischer, dass die Vielfalt an Mitgliedschaften (siehe etwa die Differenzierungen hinsichtlich von Schengenraum, Eurozone, etc.) im Projekt Europa zunehmen, sich die Zusammenarbeit in einigen Kernbereichen wie etwa der Sicherheit aber verstärken werde. Insbesondere auch Initiativen wie „Pulse of Europe“ gäben Grund zur Hoffnung, dass Europa von vielen gewollt sei und gelebt werde.

In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere auf die Legitimation der EU, den Einfluss der EU auf Wettbewerb u.a. im Agrarsektor sowie europäische Geldpolitik eingegangen.

Die nächste Veranstaltung findet am 25. April 2017 in der Stadtbibliothek Leipzig statt. Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler wird dann zum Thema „Sachsen und Deutschland in Mitteleuropa“ sprechen.